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Angela Hampel

LAUTER LIEBE

28.08.2016 - 03.10.2016

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Ausstellung Angela Hampel (Dresden) "LAUTER LIEBE !"

 

LAUTER LIEBE ! ist der Titel einer eindrucksvollen Ausstellung, zu deren öffentlichen Vernissage die Galerie Joost van Mar am 27.08. um 17.00 h nach Warnemünde einlädt.

 

Angela Hampel - ihr Name steht für eine aufrechte und rebellische Positionsbestimmung in der Kunst, die der jungen Dresdner Malerin ab Mitte der 1980'er Jahre große Aufmerksamkeit in der erstarrten DDR-Kunstszene brachte: kraftvoll-expressiv, sensibel und leidenschaftlich, fernab aller Konventionen setzte sie ihre Mittel und ihre Person in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung ein.

 

Wer ihre Bilder einmal gesehen hat, kann sie nie mehr vergessen. Durchdringende Augenpaare von starken Frauen, androgynen Paaren, lauernden Wildkatzen und mythologischen Wesen blicken dem Betrachter entgegen, die Bilder nehmen inneren Kontakt mit uns auf. Immer geht es ums Mensch-sein, um Beziehungen, Schmerz, Hingabe, Zärtlichkeit, um Fragen unserer Existenz und Verantwortung. Angela Hampels vielseitige Arbeiten stellen sich schonungslos der Wirklichkeit, schärfen die Sinne, geben Hoffnung und Trost, feiern die Sinnlichkeit.

 

"Sie sättigt das Schwarz der sibirischen Kreide und das Weiß der Papiere mit dem Rot ihrer Erfahrung" sagt die Kunsthistorikerin und Dresdner Galeristin Karin Weber, die zur Eröffnung der Ausstellung sprechen wird.

 

Bilder von Angela Hampel befinden sich in vielen zeitgenössischen Sammlungen und Museen wie der Nationalgalerie Berlin, dem Dresdner Albertinum, der Sammlung Ludwig Oberhausen, dem Haus der Geschichte Bonn, dem Staatlichen Museum Schwerin, u.v.a.

 

Mehr als 30 ausgewählte Werke der Malerei auf Leinwand und Papier sowie umfangreiche Grafik umfasst die Verkaufsausstellung, die vom 28. August bis zum 3. Oktober immer von Donnerstag bis Sonntag 14 - 18 h in der Warnemünder Alexandrinenstrasse 52 geöffnet ist.

 

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Meine sehr verehrten Damen und Herren,

 

ich möchte mit Worten von Christa Wolf beginnen, der großartigen Schriftstellerin, die Angela Hampel immer wieder inspirierte und bestärkte, mit der sie sich freundschaftlich verbunden fühlte:

„Und sind nicht von jeher Menschen, die mit dem Sinnverlust, den sie verspüren, nicht mehr leben wollen, oder leben können, Urheber großer Veränderungen geworden?!“

Angela Hampel ist so ein besonderer Mensch und ich bin sehr dankbar, dass es mir vergönnt ist, seit 1984 ihre Wegbegleiterin zu sein.

Sie nimmt mit ihrer Arbeit unbestritten einen bedeutenden Platz in der deutschen Gegenwartskunst ein.

Der Titel der Ausstellung „Lauter Liebe“ trifft in seiner Vieldeutigkeit den Kern ihres Lebensanspruches. Gleichgültig wie hart, kompetent, selbstsicher oder angesehen wir sind, gleichgültig, was wir selbst oder die anderen von uns halten, das Gut nach dem wir uns sehnen, ist Gemeinsamkeit. Wir verlieren uns, die Menschlichkeit, die Einfühlsamkeit, die Solidarität, das Maß der Dinge. Angela Hampel weiß darum, auch darum, dass die Liebe ein flüchtiger Gast ist und dass man gut daran tut, inne zu halten, bewusst zu leben und den Mut zu haben, die Konsequenzen für Veränderungen zu tragen. Die Träumer des Tages sind gefährliche Menschen, denn sie können ihre Träume mit offenen Augen leben, um sie möglich zu machen. Angela Hampel gehört zu ihnen.

1956 in Kamenz geboren, tauschte sie Motorkettensäge der Forstfacharbeiterin alsbald mit dem Pinsel der Künstlerin ein. Sie wollte nicht mitlaufen und sich anpassen, sich fügen und begnügen, sie wollte siegen, ausgestattet mit seherischen Fähigkeiten und einer unbändigen Kraft, das Leben zu packen.  Sie blieb authentisch in ihrer Bildwelt, in der sie auf Formen verzichtet, die Distanzen zum Betrachter hervorrufen. Ihre Besessenheit fand einen Ausdruck, der sich an ein Ritual, das bändigt, nicht halten konnte, der sich an nichts halten kann, als an die besondere Art zu Sehen, zu Empfinden und Fragen zu stellen. Die Kunst, sich ein Bild zu machen, ist ihr Lebensinhalt, innerer Beunruhigung, diesem Sehnen und Träumen, das sich am Außen reibt, einen Ausdruck zu geben in der Quadratur von Papieren und Leinwänden, in einem niemals endenden Kampf, Sprachlosigkeit zu überwinden.

Gängigen Kunstmustern zeigte sie die kalte Schulter und doch biss sich der Zeitgeist mit Lüsternheit in ihrem Nacken fest und trieb sie an, Erwartungshaltungen zu sprengen und sich im Gemenge und Gedränge zu finden, zu behaupten und andere  mitzureißen. 

 

Auf folgende Frage:

"Gibt es einen Unterschied zwischen dem, was Dir am Herzen lag, als Du in den 80er Jahren Deine künstlerische Spur gelegt hast und Deinem gegenwärtigem Ringen? Wie würdest Du Deine Herzenssache bezeichnen?", gab Angela Hampel 2015 diese Antwort:

"Als ein immerwährendes Ringen um den bestmöglichen künstlerischen Ausdruck all dessen, was mich bewegte und bewegt. Insofern ist das der rote Faden, der Herz-Aderfluß, der seit über dreißig Jahren mein Leben bestimmt. Herzenssache waren mir fast alle meine Arbeiten, die Zeichnungen zum König-David-Bericht von Heym in den frühen 80ern, die Litho-Serien zum Thema Gewalt, zu Kassandra von Christa Wolf und Penthesilea, die Künstlerbücher zu Elke Erb, die – zumindest für Dresden – wegweisenden Installationen wie „A-ORT-A“ (mit Fischer, Jackisch, Nagel), „Innen/Außen“ (mit Trendafilov, Anderson, Rösner, Köhler), „Sense“ (letzte Ausstellung der Neuen Dresdner Galerie 1990), „Offene Zweierbeziehung“ oder „memento mori“ (mit Fischer) usw. Ich habe ja seit Beginn meiner künstlerischen Arbeit mit den verschiedensten Medien gearbeitet. Sie alle lagen mir gleichermaßen am Herzen. Ob es die folgenden großen Rollo-Serien waren oder die Künstler-Bücher, meine Serien zum Berg oder die Minotaurusse, die Selbstporträts, die Undinen oder die Arbeiten im Stadtraum mit der DS 89 – ich habe an alle mein Herzblut gegeben. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Geändert haben sich die Umstände, die Anlässe, die Bedingungen. Geändert hat sich der Stellenwert von Kunst, ihre Bedeutung innerhalb gesellschaftlicher Prozesse, ihre Bedeutung als „Lebensmittel“. Veränderung ist heute das heilige Wort. Aber wer sagt, dass Veränderung zwingend immer Verbesserung ist?

Meine Herzenssache ist nach wie vor der Satz von Käthe Kollwitz:

"Eine Gabe ist eine Aufgabe".

 

Der Name Angela Hampel ist fest verbunden mit der neoexpressiven, künstlerischen Bewegung von Malern in den 80er Jahren der DDR, die bestrebt waren in formaler Ekstase „frei von provinzieller Biederkeit“, direkt in die Auseinandersetzung mit der Zeit einzugreifen und sie ist Initiatorin der Dresdner Sezession 89, der ersten Vereinigung von Künstlerinnen in der sächsischen Kunstgeschichte.

Angela Hampel hat sich als Malerin in das Labyrinth des Minotaurus gewagt, ohne den Faden der Ariadne zu verlieren, sie ist den Spuren von Prometheus und der Titanenschlacht gefolgt, ist dem Mythos von Kassandra, Medea, Judith, Salomé, Penthesilea und Lilith erlegen. Sie hat die Höhen der Gipfel erklommen, von denen man sagt, sie sind Heimstatt der Götter, die über Leben und Tod entscheiden. Sie ist manchen als malende Bergsteigerin, anderen als bergsteigende Malerin bekannt. Unerschrocken hat sie sich oft in das grelle, schmerzende Licht von Selbstanalysen gestellt, hat sie Abgründe von Leidenschaften durchmessen, sich das Herz aus dem Leib gerissen und die Wunde wieder zugenäht, hat sie Drachen domestiziert, sich mit Schlangen umgeben, Raben, Ratten, Echsen gestreichelt, ist auf Wölfen exzessiv geritten und hat mit Tigern und Geparden geliebäugelt, hat sie das Einhorn gebändigt. Sie hat den Betrachter dabei niemals aus den Augen gelassen und ihn ständig herausgefordert, seine Sinne zu schärfen und seinen Sinnen zu trauen, seine Träume zu leben, seine Visionen nicht aufzugeben, seine Liebe nicht zu opfern, aus seiner Rolle auszubrechen, sich den Mächtigen nicht zu unterwerfen, sich gegenseitig zu achten. Sie hat sich zu Schönheit bekannt und positiver Energie, zu spitzzüngigen Sarkasmen, zur Kunst als Waffe. Sie hat die Fette Beute geteilt und gewährte Einlass weit oben im Wald, wo fremdartiges Getier in harmonischer Symbiose mit Frauengestalten unsere tägliche Apokalypse beobachtete.

Sie ist eine unerschrockene Geschichtenerzählerin, die den Alltag in eigene Mythologien verwebt, so dass diese als Gleichnis wiedergeboren werden, zeitlos Bestand haben und immer  lesbar bleiben.

Mit expressiver Energie und sinnlicher Verführungskunst ist sie dem ewigen Rauf und Runter  des Lebens auf der Spur und bezeichnet sie ihren Weg. Sie hat Arbeiten zu Texten von Pablo Neruda, Garcia Lorca, Christa Wolf, Elke Erb, Kerstin Hensel geschaffen, eine Hommage an Dean Reed, sie resümiert und trägt die traurige Ernte ein, als slawische Tötin, die die Fäden über Leben und Tod in der Hand hat. Sie hat sich mit sorbischen Legenden auseinandergesetzt, mit dem „Ostwestlichen Diwan“, hat sich ins Narrenschiff gesetzt und kam rudernd nicht mehr von der Stelle.

Sie muss ihre Stimme bildnerisch immer wieder erheben, um nicht im Nichtstun schuldig zu werden. Lassen Sie mich mit einer Sentenz von Hermann Hesse enden:

„Der ganze Weltzustand ist…so morbid und drohend, dass man darüber wohl den Glauben an die Menschheit und die Lust an der Mitarbeit verlieren kann. Aber gerade aus dieser Depression heraus kommt mir auch immer wieder der Eigensinn und trotzige Wille, das scheinbar Unnütze dennoch weiter zu tun…Wir leben alle heute in Verzweiflung, alle wachen Menschen. Wir hätten jeden Tag Lust, das Leben hinzuwerfen und werden doch von dem gehalten, was in uns überpersönlich und überzeitlich ist. So wird unsere Schwäche, ohne dass wir Helden wären, zur Tapferkeit, und wir retten ein wenig vom überlieferten Gut an Glauben für die Kommenden.“

Ich sehe in Angelas Hampel eine wichtige Vertreterin eines existentiellen Optimismus.

 

 

Karin Weber

 

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